Merkmale
Die acht Unterarten sehen zwar einander alle sehr ähnlich, unterscheiden sich aber zum Teil beträchtlich in Größe und Gewicht. Die kleinsten Tiger leben in Indonesien, haben eine Kopfrumpflänge von 140 cm, eine Schwanzlänge von 60 cm und ein Gewicht von 120 kg (Männchen) bzw. 90 kg (Weibchen). Ganz anders liegen die Größenverhältnisse bei einem Sibirischen Tiger: Eine Kopfrumpflänge von 2 m oder mehr, ein 90 cm langer Schwanz und ein Gewicht von 250 kg (Männchen) bzw. 150 kg (Weibchen) machen diese Unterart zum größten landbewohnenden Raubtier nach den Bären.
Die Grundfarbe schwankt je nach Unterart zwischen Goldgelb und Rotorange. Die Unterseite des Tigers ist weiß. Die schwarzen Querstreifen ziehen sich vom Kopf über den ganzen Körper bis zur Schwanzspitze, und auch die Beine sind in gleicher Weise gestreift. Die südlichen Tiger-Unterarten haben eine leuchtendere Körperfarbe und besonders breite Streifen; sibirische Tiger sind blasser und haben dünnere Streifen, die sich nicht so kontrastreich vom Körper abheben. Alle sind aber zweifelsfrei auch von einem Laien als Tiger zu erkennen.
Das Fell ist meistens kurzhaarig, bei den Sibirischen Tigern des Nordens aber dicht und langhaarig, um den Körper warm zu halten. Die Länge der Haare eines Bengaltigers liegt bei etwa 1 cm, während die Haare eines Sibirischen Tigers 5 cm am Rücken und bis zu 10 cm am Bauch messen.
Die einziehbaren Krallen eines Tigers können 10 cm lang werden. Die Eckzähne (Canini) messen etwa 6 cm.
Lebensraum
Verbreitet ist der Tiger von Indien ostwärts bis China und Südostasien und nordwärts bis über den Amur hinaus ins östliche Sibirien. Die einzige heute von ihm bewohnte Insel ist Sumatra, während er auf anderen Inseln Indonesiens ausgerottet ist. Einst lebten Tiger auch westlich von Indien in Vorderasien und der Türkei, doch hier sind sie seit langem ausgerottet. Nähere Angaben zu den Verbreitungsgebieten: siehe Unterarten.
Tiger sind Waldtiere. Sie brauchen die Deckung des Unterholzes, in dem ihnen ihre Streifung die beste Tarnung gibt. Je nach Region leben sie in tropischen Regenwäldern, gemäßigten Laubwäldern oder borealen Nadelwäldern.
Sozialverhalten
Tiger sind Einzelgänger, bei denen Männchen und Weibchen nur kurzzeitig zur Paarung zusammenkommen. Durch Markierung mit Urin grenzen sie ein Revier ab, dessen Größe von der Verfügbarkeit von Beutetieren abhängt. Im Süden umfasst so ein Revier etwa 30 bis 50 km², im Norden bei den Sibirischen Tigern bis zu 250 km² und mehr. Weibchen unterhalten meistens deutlich kleinere Reviere als Männchen. Als sehr territoriale Tiere verteidigen Tiger ihr Revier erbittert und greifen jeden eindringenden Artgenossen an, gleich ob Männchen oder Weibchen. Nur zur Paarungszeit wird einem Weibchen der kurzzeitige Eintritt ins Revier eines Männchens erlaubt. Hat das Weibchen erst einmal geworfen, wird es besonders aggressiv, da ein nun eindringendes Männchen die Jungen töten könnte.
Männchen wandern meistens allein. Da junge Tiger bis zu drei Jahre bei ihrer Mutter bleiben, findet man Weibchen fast stets in Gesellschaft von jungen oder jugendlichen Tigern. Weibchen haben nur einen Wurf zur selben Zeit. Ihre Tragzeit beträgt etwa vier Monate, hiernach bringen sie zwei oder drei Junge zur Welt. Mit zwei Jahren werden Tiger geschlechtsreif. Ihre Lebensdauer liegt bei 20-25 Jahren.
In einem Tigerrevier befinden sich stets Seen oder Flüsse, da Tiger gern und häufig schwimmen. Durch die häufigen Bäder befreien sie sich von Lästlingen und Parasiten, und auch Nahrung finden sie im Wasser.
Ernährung
Meistens ernähren sich Tiger von großen Säugetieren. Huftiere wie Antilopen, Hirsche, Schafe, Ziegen und Wildschweine sind die Hauptbeute, seltener auch kleinere Beute wie Hasen, Kaninchen und Wasservögel. Tiger schleichen sich an ihre Beute heran, springen sie an und drücken sie mit den kräftigen Vorderpfoten auf den Boden. Zum Töten beißen sie ins Genick (wobei die kräftigen Kiefer das Genick brechen) oder in die Kehle.
Für gewöhnlich werden Menschen nicht von Tigern angegriffen. Es kommt aber immer wieder zu solchen Vorfällen und manche Tiger werden aus unbekannten Gründen zu nahezu reinen Menschenfressern. Besonders die kleinen Tiger Südostasiens haben einen Hang zu solchem Verhalten. Wenn ein Tiger erst einmal Geschmack an Menschenfleisch gefunden hat, hört er für gewöhnlich nicht auf. Tiger dringen allerdings nicht in menschliche Siedlungen ein, sondern töten Menschen, die ihre Dörfer verlassen, zum Beispiel Holzfäller und Sammler. Um solche Angriffe zu vermeiden, ist es in vielen Gegenden üblich geworden, dass Menschen Masken auf dem Hinterkopf tragen; da Tiger nur von hinten angreifen, lassen sie sich hierdurch irritieren.
Unterarten
Es werden acht Unterarten unterschieden, von denen drei bereits ausgestorben sind:
Sibirischer Tiger (P. t. altaica); die mit Abstand größte Unterart des Tigers war einst weit über das östliche Sibirien, die Mandschurei und Korea verbreitet; durch massive Nachstellung wurde der Bestand zwischenzeitlich auf etwa 150 Tiere im chinesisch-russischen und chinesisch-koreanischen Grenzgebiet reduziert; dieser Bestand ist inzwischen wieder auf 500 Individuen angewachsen, aber immer noch stark bedroht.
Bengaltiger, Indischer Tiger oder Königstiger (P. t. tigris); die zweitgrößte Unterart ist verbreitet in Indien, in Bangladesch und im Westen Myanmars; mit einer Population von 4500 Individuen zwar bedroht, aber weniger gefährdet als die anderen Unterarten; nur beim Bengaltiger gibt es die weiße Morphe.
Chinesischer Tiger (P. t. amoyensis); einst in ganz China verbreitet, heute leben nur noch etwa vierzig Tiere in den Bergen von Guangdong; mit hoher Wahrscheinlichkeit ist dies die nächste Unterart, die aussterben wird; selbst wenn Schutzmaßnahmen greifen, besteht Sorge, ob eine so kleine Population überhaupt noch überlebensfähig ist (siehe genetischer Flaschenhals).
Indochinesischer Tiger (P. t. corbetti); verbreitet auf dem Festland Südostasiens; es gibt 1500 Tiere, die fast alle in Kambodscha und Laos überlebt haben; in den anderen Staaten Südostasiens ist diese Unterart bereits oder fast ausgestorben.
Sumatra-Tiger (P. t. sumatrae); als einzige Insel-Unterart konnte der Sumatra-Tiger bis heute überleben; es gibt noch 500 Individuen in den Bergen Zentral-Sumatras. Von den lebenden Unterarten ist dies die kleinste.
Java-Tiger (P. t. sondaicus); auf Java, der am dichtesten bevölkerten Insel Indonesiens, war diese Unterart verbreitet; der letzte Tiger auf Java wurde 1979 gesehen; seitdem gilt diese Unterart als ausgestorben.
Bali-Tiger (P. t. balica); diese Unterart war endemisch auf Bali und wurde durch exzessive Jagd und Habitatzerstörung in den 1940ern ausgerottet.
Kaspischer Tiger (P. t. virgata); eine Unterart mit einer extrem weiten Verbreitung von Anatolien über den Iran und Zentralasien bis in die Mongolei; frühzeitig wurde der Kaspische Tiger weitgehend ausgerottet; zuletzt hielt sich noch ein kleiner Bestand im Norden Afghanistans, der aber am Anfang der 1970er ebenfalls vernichtet wurde, wodurch auch diese Unterart restlos ausstarb.
Farbvarianten
Es gibt wie bei den meisten Wirbeltieren abweichende Farbvarianten, deren Besonderheit weniger aus biologischer als aus kulturhistorischer Sicht besteht, da sie von lokalen Herrschern als Kostbarkeiten gezüchtet wurden und auch heute noch in Shows (zum Beispiel Siegfried und Roy) als Attraktionen gelten. Besonders bekannt sind weiße Tiger. Es handelt sich dabei nicht um Albinos – den weißen Tigern fehlen die roten Augen eines Albinos – stattdessen sind die Augen weißer Tiger blau. Nur beim Bengaltiger kommt die weiße Variante vor. Die meisten dieser weißen Tiger haben dennoch die schwarze Streifung; sehr selten sind weiße Tiger ohne Streifen. Seit 1958 sind in der Wildnis keine weißen Tiger beobachtet worden. Eine weitere, ebenfalls sehr seltene Farbvariante sind goldene Tiger, die eine blassgelbe Grundfarbe mit hellbrauner Streifung haben
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