Als gestern die Sonne tief über die Wipfel des naheliegenden Waldes mit seinen bunten Wipfeln blinzelte, ich den Frühstückskaffe getrunken hatte, mit Kater Willy eine lange Diskussion über den Sinn eines nutzlos verstrichenen, evtl. letzten Herbstmorgens führte, gab er mir zwar nicht recht, aber er verzog sich unwillig mautzend in seinen Schmollkarton und ward nicht mehr zu bewegen, sich an unsere allmorgendliche Kuschelrunde zu beteiligen. Nun Willy dann nicht, Du eingeschnappter Sack, dann gestalte ich den Tag ohne Dich geknuddelt zu haben. Selber Schuld. Lust hatte ich schon lange einmal, bei schönem Fotowetter einen Spaziergang in das verbotene "Land" zu machen. Das liegt ungefähr 20 Km von meinem derzeitigen Wohnort entfernt und war vor ca. 50 Jahren der Inbegriff eines Naherholungsgebietes. Im Sommer badeten wir Kinder dort, im Herbst streiften wir durch das wildwachsende Gestrüpp und "Gebäum", entdeckten so manches Seltsame und im Winter gingen wir dort Schlittenfahren, denn dort fand man herrliche Hügel (oft mehr als 10 Meter hoch - ich sehe schon unsere Bayerische Freundin Bienchen lächeln), auf denen unsere morschen Schlitten oft zu Bruch gingen. Der See war meißt zugefroren, so daß es sich mit den selbstgebastelten "Rutschern" (das waren "abgelatschte" Holzpantoffeln, auf deren Lauffläche zwei parallele 4-mm-Drähte der Länge nach befestigt wurden) herrlich dahin gleiten ließ. Ganz Glückliche besaßen Schlittschuhe, die an die normalen Straßenschuhe anschrauben ließen und den Nachteil besaßen, sowohl Sohle als auch Absatz abzureißen. Kontruktionsfehler eben. Und genau dieses Gelände suchte ich gestern auf. Nach 30 Jahren! Da lag es nun vor mir, das "verbotene Land". Es ist ein herrliches Stückchen Erde, welches sich die Natur ohne menschliches Zutun geschaffen hat, als der Mensch vor 150 Jahren in der Erde herumbuddelde, oft mit primitiven Werkzeugen und Hilfsmitteln, um das "schwarze Gold" der Niederlausitz zu gewinnen. Ein plötzlicher, unbezähmbarer Wassereinbruch zwang die Bergleute den Abbau einzustellen. Sie verließen buchstäblich fluchtartig den Ort. Die Chronik berichtet, daß sie nicht einmal Zeit hatten, ihr Handwerkzeug zu retten. Doch das ist eine lange Geschichte. Ich wollte nur mal eine schöne, herbstliche Bergbaulandschaft zeigen. Verbotenes Land? Nun weil es noch heute offiziel verboten ist, dieses zu betreten. Es bestehen immer noch Rutschungsgefahren und Erdeinbrüche wegen des damals auch hier durchgeführten Kohleabbaus im Tiefbauverfahren. Die aufgefahrenen Strecken füllen sich mit dem Boden des "Deckgebirges" wenn die abstützenden Holzstempel in Baumesdicke verfaulen und die Last nicht mehr tragen können. Und dagegen ist der Mensch eben auch heute noch machtlos. Oder aber er baggert alles ab, was aber wieder auf den Widerstand der verschiedenen Landesschützer stoßen dürfte. Doch nun will ich auch einmal ein paar Bildchen zeigen:
Bild 1 Seeidylle
Bild 2 Blick über den See
Bild 3 Das gegenüberliegende "Idyllische" Ufer; sehr rutschungsgefährdet.
Leider wird die lauernde Gefahr unterschätzt. Aus diesem Grund sind auch die Tagebauseen gesperrt. Genau dieses Ufer bildete sich neu, als im Sommer 1963 das Ufer abbrach und einen Bagger mit sich in die Tiefe riß. Er wurde nicht geborgen. Das ehemalige Badeufer befand sich damals 120 Meter links im Bild. Hier stand 60jähriger Mischwald, nun sieht man hier "toten" Boden, der erst neu besiedelt werden muß.
Bild 4 Ein besondere Pfahl
Hier wiederholt sich schon seit jahrzehnten die alljährliche Zeremonie: Regelmäßig im Mai erscheint die badelustige Jugend an diesem Pfahl an dem das Badeverbotsschild mit der Ankündigung der schlimmsten Höllenstrafen bei Zuwiderhandlungen durch den amtierenden Bürgermeister (heute LMBV) angebracht war. Nach gemeinschaftlichen Urinierens an den Pfahl (deshalb jetzt ein verzinktes Objekt) wurde das Schild feierlich entfernt und in den See geworfen. Somit war die Badesaison eröffnet. So war es bei uns damals. Ob sich dieser Brauch genauso überliefert hat, weiß ich nicht. Bestimmt macht man das heute anders. Aber gebadet wird im See hier doch verbotener Weise.
Bild 5 Ein selbstgebauter Sprungturm
An dieser Stelle beträgt die Uferhöhe zur Wasseroberfläche 4 Meter. Da es hier keine Flachstelle gibt, sondern das Ufer sofort in die Tiefe geht, (ca 30 Meter) bietet sich eine Sprunggelegenheit hier an. Auch wir haben uns hier gern im Wasser belustigt. An der Bildecke rechts unten erkennt man einen Angler. Welche Fische er fangen will, verriet er mir nicht. Es war nicht sein Tag, nehme ich an. Lange Jahre, bis Anfang der 60iger Jahre glaubte man, im See befinden sich keine Fische, doch als eines Tages ein Kind auf der Luftmatratze von einem Seeungeheuer an der Wade gebissen wurde, kamen die wildesten Gerüchte auf. Doch bald stellte sich heraus, es war ein Hecht. Die Überraschung war groß. Woher kam er? Noch heute hat dieser See weder Zufruß noch Abfluß. Heute weiß man, er wird unterirdisch mit Frischwasser versorgt. Es waren Enten, die Fischeier hier her schleppten. Eigentlich war das eine kleine Sensation, denn das Wasser an und für sich galt als Grubenwasser als sauer, mit vielen Mineralien angereichert. u.a. auch mit Radium, welches Hautausschläge bekämpft. Gestern waren auch Enten auf dem See, doch leider konnte ich sie nicht "fangen", sie waren zu weit oder flogen einfach weg. Aber da wir hier im Tierthread sind, will ich zum Schluß einige fliegende Verwandten zeigen. Wer kennt sie?
Bild 6
Bild 7
Bild 8 Bruchlandschaft im Urwald.
Bild 9
und morgen geht es immer der Rehfährte nach zu den Wildschweinen im naturbelassenem Wald am See
Wow, ich kann gut verstehen, warum sicher einige Menschen das Verbot missachten und trotzdem in das "verbotene Land" gehen. Dort ist es wirklich schön. Sogar der Wald am Ende mit seinen Senken sieht einfach wunderschön aus! Hoffentlich passiert nichts - ich denke mal, wenn nicht ZU viele Menschen dort hin pilgern, ist die Wahrscheinlichkeit auch nicht so gross, dass jemand einbricht. Danke für den wundervollen Beitrag, es ist ein wahrer Genuss!!!
Danke Bienchen für dein Lob, bin ja ganz stolz auf mich.....(hi)
Leider ist es aber so, daß gerade in den Sommermonaten dieses trügerische Naturidyll massenhaft angenommen wird. Das Wasser ist der Grund! Hier hätte sich 1963 eine Katastrophe ereignen können.
Der Rat der Stadt und der Betriebsdirektor eines naheliegenden Großtagebaues vereinbarten, ein Naherholungszentrum zu schaffen. Die Technik und Leute stellt der Betrieb. Das Ziel war, ein viel benutztes Uferteil (im Bild Nr. 3 zu sehen) sollte abgeflacht werden, da der Badebereich gefährlich schnell "abging". Doch auch die Kleinkinder kannten die Tücken des Grundes und verhielten sich dementsprechend. Es kam zu keinen Unfällen. Der mächtige Löffelbagger vom Typ "UB 160" rückte mit Maschinist an und machte los. Zwei Tage und dann war er weg, nach dem Motto: "Rumpeldiepumpel, weg war der Kumpel!" Aber Gottseidank war der noch da, nur der Bagger war weg und riß eine 130 Meter lange Uferzone mitsich. Viele Jahre sah man in der Seemitte die Kronen der Birken aus dem Wasser schauen, an dem Walters Frühstückstasche hing. Der Bagger war nagelneu, ein Diesel und fibrierte sich in die Tiefe. Er stand auf geschütteten Boden welcher durchnäßt war. Dieser gab durch die Erschütterungen nach und brach ab. Hier tummelten sich an den Sommertagen hunderte Badefreudige. Das wäre was. Die "Schrecksekunde" ob dieses Unglücks dauerte ca 12 Jahre. Dann kam die neue Badegeneration und tummelte sich munter weiter. Ich liefere im Anschluß noch einige Seebilder nach!
Ja, ist wohl immer so, je länger nix passiert, desto mehr wiegt man sich in Sicherheit. Weil man sich nicht vorstellen kann, dass gerade in dem Moment, in dem man sich an einer Stelle befindet, etwas einbricht, wo viele Jahre nix passiert ist. Aber ich hätte da ständig Angst und könnte es gar nicht richtig geniessen. Und die Massen von Jugendlichen müssten eigentlich vor sich selbst geschützt werden und man müsste immer mal Kontrollen durchführen mit Geldstrafen. Davon liessen sich zwar nicht alle abhalten, aber doch einige.
Das stimmt schon, doch verbieten kannst Du da nichts. In Schulen wird belehrt und es werden Filme gezeigt usw. Es ist auch so, daß man die ungefährlichen Stellen kennt (das sind die im Schilf mit einem schmalen Zugang in den See) und sie auch nutzt. Seit dem Unfall damals ist mir kein anderer hier am See bekannt geworden. Und zum anderen, wer so ein Naturbad vor der Nase hat, fährt zu keinem Spaßbad mit sträflich hohen Eintrittsgeldern. Auch mir sträuben sich manchmal die Rückenhaare, wenn ich an unserem Leichtsinn denke. Aber immer wieder kommt der "Löschengel" Ist-ja-gut-gegangen. Man wird dieses Plätzchen nicht sperren können. (und auch nicht wollen)
Aber wenn da so absolute Rutschgefahr ist - war das für Dich aber auch sehr gefährlich!!!
Na ich sage es mal ganz billig: Ich weiß, wo ich hintreten muß und so eine Rutschung kündigt sich an und läßt noch Zeit zum Flüchten. Doch es stimmt schon, an manchen Stellen war es mir nicht ganz geheuer. Aber das sind ja nur wenige, die man wirklich meiden sollte und das tat ich ja auch!
Leider werde ich Euch noch etwas erhalten bleiben, so schnell ersäuft es sich nicht. Schließlich muß ich noch vom Spaziergang berichten. Heute aber ist mal Schluß, die Pflicht ruft, bis denne dann Bienchen..
Ja Turbo, ich verspreche es Dir, ich war vorsichtig. Ich habe nur mal die Stellen besucht, an denen ich als Junge herumtobte. Da kennt man die gefährlichen Stellen. Die hier großgeworden sind, sind weder leichtsinnig, noch kopflos. Man kennt die Tücken, wie einst unsere "Alten" die uns lehrten, mit dieser Landschaft hier umzugehen.
Mei ist das wunderschön da. Ich kann verstehen warum du ins "Verbotene Land" gehst. Es ist ein Traum. Und ebenso traumhaft ist wieder mal dein Bericht dazu